“Klicksalat: Nicht unentwegt und nicht jedem ins Netz gehen!
Die Personalleitung im Geschäftsfeld der Informationstechnik ist das einstige Metier des Medienpädagogen Jörg Kabierske gewesen, der nunmehr als „Herr Klicksalat“ über die Risiken und Gefahren des Internets und anderer Medien schon an mehr als 400 Schulen in Deutschland bei Schülern und deren Eltern notwendig gebotene Aufklärungsarbeit geleistet hat. So auch geschehen auf den an zwei Tagen stattfindenden Veranstaltungen, die auf Initiative des Schulelternrats in enger Kooperation mit der Schulleitung sowie mit Unterstützung des Fördervereins am Gymnasium Harsefeld abgehalten werden konnten.
Die Botschaft der gut besuchten Abendveranstaltung wurde, nachdem Schulleiter Johann Book den Referenten und alle Anwesende begrüßt und eine kurze thematische Einführung gegeben hatte, ausnahmslos in jedem von Jörg Kabierske aufgegriffenen „Problembereich“ im Verlauf seines über zweistündigen Vortrags unmissverständlich deutlich: Es bedarf starker Eltern, die das Internet als kommunikative Herausforderung auffassen müssen, um der systematischen Verbrennung von Lebenszeit ihrer Kinder entgegenwirken und sie vor dessen „dunklen Seiten“ wirksam schützen zu können. Dabei sind die unverzichtbare Führung der Kinder durch die Eltern, die Auseinandersetzung mit deren Tun sowie die ständige Kommunikation mit ihnen diejenigen Mittel, die erzieherisches Handeln und erfolgversprechendes Eingreifen auszeichnen.
Gleichwohl geriet der Abend nicht, wie es auch der Referent angekündigt und versprochen hatte, zu einer „Internet-Verdammungveranstaltung“. Zwar wurde das Gefahrenpotential Neuer Medien für Kinder und Jugendliche anhand eingespielter Clips, statistischen Zahlenmaterials und Hintergrundinformationen zu vier Themenfeldern (jugendgefährdende Inhalte, Computersucht, Cyber-Mobbing und verbraucherrechtliche Aspekte) eindringlich veranschaulicht, im nächsten Zug wurden von Jörg Kabierske aber stets sowohl technische Lösungswege wie auch pädagogische Leitlinien zur sinnvollen Nutzung des Internets aufgezeigt. So etwa bei der Vorstellung von Alternativen zu illegalen Downloads und themenspezifischer Ratgeberseiten, mit Tipps zur Einrichtung von Pseudo-Accounts, Internetfiltern, Benutzerkonten oder die Ermutigung zur Festlegung auszuhandelnder Medienzeiten — notfalls sogar von begründeten Verboten — sowie die Warnung vor unreflektierter Kontaktpflege in sozialen Netzwerken. „Persönliche Informationen sind in diesem Kontext Steilvorlagen für Mobbing und Missbrauch“, so der Regensburger Medienpädagoge.
Abgerundet wurde das vom Referenten unterhaltsam aufgetischte „Klicksalat-Informationsbuffet“ zudem durch Hinweise auf die im Zusammenhang mit der Internetnutzung stehenden strafrechtlichen und datenrechtlichen Aspekte sowie mit einer aus der Perspektive des vormaligen Personalleiters exemplarisch angestellten Analyse eines privaten Internetauftritts, der aufgrund seiner „uncleveren persönlichen Positionierung“ jeder/m Jobbewerber/in in einer Bewerbungssituation fast zwangsläufig ein unangenehmes Stressinterview einbringen würde. Dagegen gereichte die auch als Elterntraining deklarierte Veranstaltung an diesem Abend sicherlich mehrheitlich zum Nutzen der zahlreich erschienenen Zuhörerinnen und Zuhörer. Und so manche werden möglicherweise die Problematik um die von ihren Kindern allein genutzten Fernseher, Computer, Mobiltelefone und Spielkonsolen neuerlich bedenken, auch angeregt durch die von Jörg Kabierske formulierte, den Kern der Problematik kaum genauer treffende Frage: „Warum müssen diese Geräte gerade an so zentraler Stelle stehen, nämlich im Kinderzimmer?“
Dass diese Frage von nicht unerheblicher Bedeutsamkeit ist, zeigte dann auch das „Mediensicherheitstraining“ für die jeweiligen Jahrgangsstufen am Gymnasium Harsefeld. Freimütigem Bekunden nach weisen die unbeaufsichtigten „Medienzeiten“ unserer Schülerschaft (fast ein Drittel ist drei Stunden am Tag und mehr online) kaum signifikante Unterschiede mit vergleichbaren Altersgruppen auf. Altersgerecht verdeutlichte ihnen dann auch Jörg Kabierske die Gefahren von Missbrauch und Belästigung, klärte über „Abzocke“ im Netz und Urheberrechtsverletzungen auf.
Mühelos kam er mit den Jüngeren ins Gespräch, veranschaulichte mit kurzen Clips, wie man es vermeidet, ein „Cyber-Zombie“ zu werden (Spielsucht), und formulierte prägnante Botschaften wie „Schlecht Reden verboten!“ (Mobbing) oder „Wegklicken — Hände weg!“ (Urheberrecht bzw. Jugendgefährdung). Auffallend war dabei auch das pädagogische Geschick, mit dem er unsere Jüngsten ansprach und immer wieder auf deren kaum zu bremsendes Frage- und Mitteilungsbedürfnis einging.
Aber auch die Älteren, die „altgedienten Hasen des Internets“, wusste Jörg Kabierske in seinen dialogisch angelegten Vorträgen aus der Reserve zu locken („Woher bezieht ihr eigentlich eure Musik?“), vermittelte u.a. anschaulich die Problematik von digitalen Spuren, die Nutzer ausnahmslos und dauerhaft im Netz hinterlassen, ging auf Urheberrechtsverletzungen bei illegalen Film- und Musikdownloads (Alternative: radiostreaming) ein und nahm sich insbesondere des Themenfeldes „Soziale Netzwerke“ an. Dabei zeigte er Möglichkeiten auf, dem Verlust der eigenen Privatsphäre und der Datenkontrolle vorzubeugen (Datensparsamkeit, Anlage neutraler Profile und Annahme falscher Identitäten, um den „größten Geheimdienst der Welt“, der mit „f“ anfängt und mit „k“ aufhört, nicht noch weiter zu füttern). Abschließend gab der Referent allen noch mit auf den Weg, noch so geringen Ansätzen von Cyber-Mobbing sofort entgegenzutreten und rief die im Forum versammelten Zehntklässler auf: „Unterbrecht das Cyber-Mobbing bei euren jüngeren Geschwistern!“. Für sie selber, wie aber auch für alle anderen Konsumenten der modernen Medien gilt zusammenfassend gleichermaßen: Nicht unentwegt, nicht über alles und schon gar nicht mit jedem im Netz zu kommunizieren!
Fotos: Diedrich Hinrichs