Pädagogischer Themenabend: “Mobbing in der Schule”
Diedrich Hinrichs
Wesentlich mehr als die rund einhundert anwesenden Eltern, Schüler und Lehrkräfte hätte die Premiere am Gymnasium Harsefeld schon verdient gehabt: Der gemeinsam vom Schulelternrat und der Schulleitung des Gymnasiums Harsefeld initiierte erste „Themenabend“ konnte kaum ein aktuelleres und brisanteres pädagogisches Handlungsfeld aufgreifen.
Der Beauftragte für Gewaltprävention der Landesschulbehörde in Lüneburg, Jens Carstens, referierte in seinem Vortrag am vergangenen Dienstagabend (15.02.2011) über „Mobbing in der Schule” und machte in seinem gut zweistündigen Vortrag deutlich, dass nur Einwirkungen auf das „soziale Klima“ die einzige Chance bieten, an Schulen eine „Anti-Mobbing-Kultur“ zu etablieren. Das „winterliche Klima“ dagegen verhinderte aber mutmaßlich einen größeren Publikumszuspruch.
Zu Beginn der von gut einhundert Eltern, Schülern und Mitgliedern des Lehrerkollegiums besuchten Veranstaltung begrüßte OStD J. Book den Referenten und wies auf die Aktualität und Bedeutung des Phänomens “Mobbing” im schulischen Alltag hin, einem Thema, mit dem sich Schule, so auch das Gymnasium Harsefeld, nachhaltig und intensiv auseinanderzusetzen habe.
Jens Carstens entwickelte dann in seinem immer wieder von interessierten Nachfragen aus der Zuhörerschaft unterbrochenen Vortrag im Anschluss an eine Beschreibung dessen, was das “Mobbing” ausmache (“eine wiederholte, zielgerichtete und über einen längeren Zeitraum andauernde negative Handlung eines oder mehrerer Schüler, der sich eine Schülerin oder ein Schüler ausgesetzt sieht”), charakteristische Täter- und Betroffenenprofile, ging auf vermeintliche Motive der am “Mobbing” Beteiligten ein und erläuterte den fatalen, sich selbst verstärkenden Kreislauf, dem sich die Betroffenen von “Mobbing-Prozessen” ausgesetzt sehen und der sie zunehmend in eine soziale Isolation führt.
Zum Erstaunen vieler Anwesender sah der Referent in den Fünft- und Sechstklässlern sowie bei den Oberstufenschülerinnen und ‑schülern diejenigen Altersgruppen, die vorrangig im Zusammenhang mit dem “Mobbing” in der Schule in Erscheinung treten würden, wobei geschlechtsspezifische Unterschiede im Hinblick auf die Ausübung der Täterrolle nicht signifikant feststellbar seien.
Im weiteren Verlauf von Carstens´ Ausführungen stand die Darlegung möglicher Vermeidungs- und Handlungsstrategien und ihre prozesshafte Abfolge, deren Anwendung in den Verantwortungsbereich der Schule bzw. der einzelnen Lehrkraft falle. Carstens betonte nachdrücklich: “Schule muss tätig werden, um gegen “Mobbing” effektiv vorzugehen.” Die Eltern selber hätten, wenn ihre Kinder vom “Mobbing” betroffen sind, nur die Möglichkeit, sie zu stützen und zu stärken.
Neben dem unverzüglichen und rigorosen Intervenieren im Ereignisfall — als Stopp-Signal für alle Beteiligten (Betroffene, Täter, Mitläufer und Dulder) — komme der Schule auch eine zweite, gleichwohl als Sofortmaßnahme zu verstehende Aufgabe zu, nämlich den Blick auch auf eine präventive Vermeidung von “Mobbing-Prozessen” zu richten. Erfüllt werde diese nach Auffassung von Jens Carstens, wenn an der jeweiligen Schule die sozialen Kompetenzen der Schüler/innen gezielt gestärkt werden und ein “Schulklima” herrsche, das die Wertschätzung des Einzelnen im Umgang und in der Arbeit miteinander offen vermittle. Der Weg müsse sein, so der Referent gegen Ende seines Vortrags, eine “Anti-Mobbing-Kultur” an den Schulen zu etablieren — auch geeignete Schulprogramme, schülergerechte Gebäude- und Raumkonzepte sowie die Einsetzung von “Mobbing-Interventions-Teams” (MIT) würden wesentlich zur Minimierung der Problematik beitragen -, um als Ziel eine “Mobbing freie Schule” zu erreichen.
Am Schluss der Veranstaltung dankte Frau Schäfer, die Vorsitzende des Elternrats am Gymnasium Harsefeld, Herrn Carstens für seinen zweistündigen Vortrag, der — auch ablesbar an den zahlreichen Zwischenfragen und Beiträgen aus dem Auditorium — auf das lebhafte Interesse aller an dieser “Premierenveranstaltung” Anwesenden stieß.